Während wir sportlich besseren Tagen und einer baldmöglichen Öffnung des Ruderbetriebs entgegenfiebern, macht die unvorhersehbare Entwicklung der Corona-Pandemie weiter kurzfristige Änderungen der geltenden Regeln nötig. Eine Gesetzesänderung, die sich bereits länger abzeichnete, aber von vielen in der Pandemie bisher unbemerkt blieb, tritt am heutigen Gründonnerstag in Kraft: Die Anpassung der Geschwindigkeitsregeln auf der Alster und damit die Ausweitung des Geschwindigkeitslimits von 8 km/h auf alle Wasserfahrzeuge, auch auf solche ohne Motor, also auch: Ruderboote.

Der Trend des letzten Sommers, der uns auf der Alster und ihren Kanälen unzählige Freizeitsportler und Erholungssuchende auf Luftmatratzen, Paddelbrettern (SUPs) und anderen abenteuerlichen Konstruktionen bescherte, und an vielen Stellen lautstarke Beschwerden der Bootsfahrer aber auch der Alsteranwohner auslöste, hält leider weiter an. Mindestens noch diesen Sommer rechnet man wieder mit einem Ansturm, wahrscheinlich auch noch länger. Am stärksten betroffen von dieser Verdichtung auf dem Wasser sind die schnellen Wasserfahrzeuge. Da für die Motorboote auf der Alster das legale  Geschwindigkeitsmaximum schon immer bei 8 km/h lag, dehnt man diese Obergrenze jetzt auf alle Wasserfahrzeuge aus. Die entsprechenden Anpassungen in der Hafenverkehrsordnung (HVO) und Binnenschifffahrtstraßenordnung (BinSchStrO) treten zum heutigen Tag in Kraft.

Im Vorfeld erfolgte ein Gesprächsabend im Club, bei der die Leitung der Wasserschutzpolizei die Betroffenen in Form von Vorstand und Gruppenhäuptlingen anhörte und die kommenden, strengen Maßnahmen erläuterte. Leider war es pandemiebedingt nicht möglich, alle Sportler zu berücksichtigen, so dass das Treffen diesmal nur im allerkleinsten Kreis stattfinden konnte. Wie die Beamten der Wasserschutzpolizei erläuterten, macht es die Geschwindigkeitsbegrenzung auf 8 km/h max erforderlich, dass die Boote die Geschwindigkeitsbegrenzung auch einhalten können. Ruderboote, die bauartbedingt erheblich schneller sind, müssen künftig technisch die Geschwindigkeit messen. Wo dies nicht möglich ist, und das ist bei unseren Sportruderbooten die Regel, müssen diese künftig so umgebaut werden, dass die Einhaltung der Maximalgeschwindigkeit gewährleistet ist. Für den Club kommt ein Umbau der Boote selbst mit Bremsklappen oder ähnlichem (wie zum Beispiel bei der RG Hansa) allerdings nicht in Frage. Die Boote würden dadurch sportlich unbrauchbar, die Herstellergarantie darüber hinaus erlöschen.

Die elegante Lösung zur Einhaltung der neuen Maximalgeschwindigkeit: Mit Hilfe von Concept2 tüftelten Club-Techniker ein verändertes Ruderblatt aus, das durch mehrere große Bohrungen in der Blattfläche deutlich reduziert wird. Mit entsprechend umgerüsteten, ergo aufgebohrten, Ruderblättern (sogenannten Alster-Blättern) können selbst Rennachter so gebremst werden, dass sie künftig nicht mehr als 8 km/h fahren. Und weiter auf der Alster unter den neuen Bedingungen trainieren dürfen (Corona-Freigabe mal vorausgenommen). bei dem Informationsaustausch wurde das Konzept, das zunächst eigentlich nur für Rennboote gelten sollte, vom Club-Vorstand der Wasserschutzpolizei vorgestellt. Auf Seiten der Masters-Sportler beharrten die alten Herren mehrerer Rudergruppen allerdings darauf, die Strecke nach Ohlsdorf und zurück im Gig-Boot problemlos in unter 90 Minuten zu schaffen – es wurde schnell klar, dass auch die Gig-Boote des Clubs künftig mit den neuen Blättern entsprechend gebremst werden müssen. So fahren alle Ruderer, außer Kindern und Wanderfahrern, künftig mit den gelochten Alsterblättern.

Mehrfach betonte die Wasserschutzpolizei, dass Verstöße gegen die neuen Geschwindigkeitsregelung kontrolliert und geahndet werden: Neben der Untersagung der Betriebserlaubnis für den Club drohen den Ruderern selbst auch empfindliche Geldbußen bis hin zu Punkten in Flensburg und Fahrverbote. Dass es die Wasserschutzpolizei damit ernst meint, hat sie bereits in den letzten Tagen durch die Übung von Bootskontrollen zwischen Rabenstraße und Kennedybrücke bewiesen. Ganz bewusst in Sichtweite von Club und Fari, den beiden Ruderclubs, die schon immer am schnellsten auf der Alster unterwegs waren. Bei dem milden Frühlingswetter kam erstmals ein neues Team mit verbesserter Ausrüstung zum Einsatz, mit der die Wasserschutzpolizei künftig auch Rennruderboote aufbringen und kontrollieren kann.

Die mit dem heutigen Tag erfolgende Umstellung auf die gelochten Alster-Ruderblätter und die damit einhergehende unweigerliche Verlängerung der Bootstouren stoßen bei Vorstand und Club-Mitgliedern natürlich nicht auf ungeteilte Begeisterung. Angesichts der angedrohten Sperrung der Betriebserlaubnis, die einen Umzug weg von der heimischen Alster erfordert hätte, sind die Leistungs- und Breitensportler mit den neuen Blättern aber zufrieden. Beim Ausprobieren der neuen Regeln und Technik stellte mancher Ruderer bereits anerkennend fest: “Ich habe ab dem 1.04.2021 deutlich mehr Zeit auf dem Wasser.”

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Zu unserem Beitrag zum 1. April 2021 haben wir viele, überwiegend nette Rückmeldungen erhalten. Teilweise ehrliches Entsetzen, denn in diesen Tagen sind leider manchmal auch unwahrscheinliche Meldungen wahr. Allen, die sich Sorgen um die gelochten Riemen der “Wentzel” machten, sei verraten: Keine Riemen und Skulls mussten für unsere Aufnahmen ihr Leben oder ihre Form lassen. Den Durchblick durch die Bohrungen auf das dahinterliegende Wasser (und teilweise das Mobo) erreichten wir durch die Kombination mehrerer Aufnahmen in Photoshop. Das bedurfte Geduld unserer vorher entsprechend instruierten Models, Nilay und Ingo, die Mühe hatten, bei dem Quatsch immer ernst zu bleiben.

Immer ernst bleibt dagegen die GSG9. Da ich sie diesmal nicht zu einem Fototermin bewegen konnte, musste ich auf im Sommer 2017 (G20-Gipfel) geschossene Bilder zurückgreifen, Anna hat es sofort gemerkt. Die Bilder sind aber vor dem Club geschossen. Vielen Dank an Nilay Sprang und die Sportlerinnen der Club-Trainingsgruppe, die bei solchen Sachen immer mitmachen, und natürlich an Ingo Martens, der den Spaß mit ausheckte.

Wer sich gefragt hat, wie denn nun das Geschwindigkeitslimit auf der Außenalster ist, und ob es überhaupt eines gibt: Die Alster und ihre Kanäle fallen als “Sonstige Verkehrsflächen” in den Geltungsbereich der Hafenverkehrsordnung, die die Geschwindigkeit auf 8 km/h limitiert. Allerdings weiterhin nur für motorisierte Wasserfahrzeuge.