Das Ende der erfolgreichen Saison 2023, die der Alstersprinter mit Platz 3 zum ersten Mal auf dem Treppchen beenden konnte, ließ dennoch einige Lücken im Team entstehen. Dies betraf zum ersten Mal nicht nur die Sportlerinnen, auch eine Veränderung bei den Trainern stand an: Christian von Warburg übernahm bei der Ruder-Gesellschaft Hansa die B-Leistungssportler und so galt es große Fußspuren zu füllen. Bisher hatte Christian die gesamte Trainingsplanung & -steuerung sowie einen großen Block trainerseitiger Organisation und akribischer Auswertungen von Leistungsdaten übernommen. Jetzt, ein Jahr später, ist mir genau klar, um wieviel Arbeit es sich hierbei handelte, da ich versuchte, diese Lücke zu schließen.

Arbeit im Winter

So starteten wir Anfang November mit einem Teamtreff in die Saison 2024. Erstes Ziel war mal abzuklopfen, wer „an Bord“ bleibt oder bei wem Veränderungen im Leben anstehen und eine Teilnahme an der Saison eher fraglich ist. Auch wenn sich zu diesem Termin 15 Sportlerinnen zusammenfanden, ist die feste Absichtserklärung von sieben hiervon, die Saison 24 zu rudern, natürlich kein Wunschergebnis seitens des Trainers. Und da die eine oder andere sich zeitweilig nicht in Hamburg aufhielt, gab es die eine oder andere Trainingseinheit auf dem Ergo mit nur vier Sportlerinnen, für einen Achter keine optimalen Voraussetzungen.

Bei der Trainersuche zeigte sich das Team kreativ. Auch wenn der Aufruf über Social Media und die ersten direkten Ansprachen noch nicht zum Ziel führten, wurde am Ende mit Ortwin Höller eine großartige Ergänzung für das Team an Land gezogen. Ortwin stieg bereits bei den Trainingseinheiten auf dem Wasser im Winter ein und gab seine Expertise an die Sportlerinnen weiter.

Ich habe mich im Winter mit der von Christian überlassenen Trainingsplanung des letzten Jahres (Danke dafür!!) auseinandergesetzt und erstmal leichte Anpassungen an den Ergo-Programmen vorgenommen – viel hilft viel!

Das viel spannendere Thema über den Winter war aber die Suche nach Verstärkungen, um im Frühjahr einen bundesligatauglichen Gesamtkader zusammenzustellen. Denen unter Euch nicht so mit der Thematik der Ruderbundesliga Vertrauten, sei an dieser Stelle folgende Spezialitäten erklärt:

Man darf einen Gesamtkader von 20 Sportlerinnen nominieren, von denen je Renntag bis zu 12 gemeldet werden können, Steuerleute nicht inbegriffen. Zwölf Sportlerinnen für einen Achter bedeutet, man darf zwischen den einzelnen Läufen eines Renntags Aktive im Boot austauschen, um zum Beispiel Kräfte zu schonen, muss aber als Achter trotzdem exakt arbeiten und ein schnelles Boot bilden, denn in der Bundesliga geht es am Ende um Zehntel und Hundertstel. So viele Sportlerinnen waren wir im Winter noch nicht ganz, sodass an manchen Samstagen regelrechtes Castinggefühl im Boot aufkam, da mehr Reinschnuppernde als Bundesligaerprobte aus dem bisherigen Team im Boot ruderten!

Hierdurch gelang es bereits über den Winter und das Frühjahr eine schlagkräftige Truppe zusammenzufinden. Der Kader bestand dann aus 17 Sportlerinnen und dazu zwei Damen am Steuer, von denen schlussendlich 13 Ruderinnen auf den RBL-Renntagen zum Einsatz kamen.

Da sind wir beim nächsten Stichwort: die Termine der Ruderbundesliga-Renntage. Ursprünglich war eine Saison mit fünf Renntagen geplant, so die ersten Informationen am Ende des Jahres 2023. Über den Winter gab es immer neue Informationen, Termine wurden bekanntgegeben, verschoben, gestrichen und durch neue Termine ersetzt. Das Endergebnis nach zig Abfragen war, dass diese Saison leider nur drei Renntage im Spätsommer hat, namentlich Minden im August und Rendsburg sowie Mülheim im September.

Vorbereitung auf die Renntage

Da die Saison nun erst merklich später ihren Anfang nahm, war uns unsere klassische Vorbereitungsregatta in Lübeck nicht genug, wir wollten dazu auch in Kassel weitere Renn- und Sprinterfahrung sammeln. Waren nach Lübeck die Meinungen, wo man nach dem Winter so steht, noch sehr unterschiedlich, zeigte die Gesamtzufriedenheit nach Kassel bereits in eine positive Richtung. Für detaillierte Ergebnisberichte verweise ich hier auf die einzelnen Nachberichte.

Auch das klassische Sommerloch im Juli, verursacht durch den einen oder anderen Urlaub, konnten wir mit dem gesamten Team gut abfedern, sodass nur wenige Achtereinheiten ausfielen und das Training in Klein- oder Mittelbooten absolviert wurde. Einen Vorteil brachte der späte Saisonstart: Das frisch gebildete Team hatte viel Zeit zusammenzuwachsen, die leicht veränderten Rudervorgaben zu verinnerlichen und mit jeder Belastung besser ins Sprinten reinzukommen. Was Ruderbundesliga heißt, zeigte sich in Rendsburg ganz gut: Dort traten auch wieder durchaus solide bis stark besetzte Nationalachter der Männer gegeneinander an – die Spitzenboote der RBL sind auf der 350-Meter-Strecke noch mal ein Quäntchen schneller gewesen, auch wenn keine direkten Duelle ausgetragen wurden…

Die Besetzung der Renntagskader ist immer wieder ein Thema, die eine oder andere schlechte Nachricht musste auch diese Saison überbracht werden. Ich habe das Ganze dieses Jahr mit Ranglisten vorbereitet, die aufgrund von Vorleistungen auf dem Ergo, der allgemeinen Trainingspräsenz und der ruderischen Bewertung beider Trainer im Boot gebildet wurden. In den letzten Saisons gab es punktuell immer mal Schwierigkeiten, die Entscheidungen von uns Trainern nachzuvollziehen, daher habe ich diesen neuen Ansatz ausprobiert. Das Ziel der Ranglisten war einerseits, für die Aktiven möglichst nachvollziehbare Entscheidungen zu finden, auf der anderen Seite aber bei Nachfragen auch genau zu sagen, woran individuell gearbeitet werden soll.

Achtung – Los!

Im August hieß es dann in Minden endlich Ruderbundesliga! Die Standortbestimmung stand an, ob wir alle zusammen über schlussendlich mittlerweile rund neun Monate Vorbereitung in die richtige Richtung gearbeitet und die Trainingsvorgaben und Belastungen aus dem Team ein schnelles Boot geformt haben. Mein Fazit lautet: ja!

Wir konnten nach zufriedenstellendem Zeitfahren und solidem Viertelfinale dann in einem packenden Halbfinale Berlin schlagen, ins Finale einziehen und uns am Ende mit Silber am ersten Renntag belohnen! Es war unser erster Sieg gegen den Seriensieger aus Berlin überhaupt! (Der Nachbericht zu Minden findet sich hier.) Ebenso sind wir damit das einzige Boot, welches Berlin diese Saison schlagen konnte.

Ich habe mir vor allem bei den Inhalten, die ich verändert habe, viele Gedanken gemacht, ob ich uns damit auf den richtigen Weg bringe. Gerade das Weglassen von Belastungen auf dem Ergo über die Saison hinweg hat mich grübeln lassen – aber ich wusste einfach nicht, wie ich das bei vorgesehenen fünf Einheiten, drei davon auf dem Wasser, Belastungen am Samstag im Boot und nötigen Erholungen im Wochenplan integrieren soll. Fazit: Gut, dass es funktioniert hat!

Der zweite Renntag in Rendsburg lief auch gut an, im Zeitfahren konnten wir uns auf Platz zwei sogar noch etwas besser als in Minden positionieren, das verhieß erst einmal eine lösbarere Aufgabe im Viertelfinale. Wobei – der Modus bei den Frauen in 2024 muss sicher kurz erklärt werden:

Sieben Boote haben gemeldet, die in zwei Zeitläufen an den Start gehen müssen (ein Boot jeweils leider nur gegen die Uhr). Diese Zeiten werden addiert und ergeben eine Zeitfahr-Rangliste. Der Schnellste aus dem Zeitfahren wird mit einem direkten Ticket ins Halbfinale belohnt, die übrigen sechs Boote treten in den Viertelfinals an: 2. vs. 7., 3. vs. 6. und 4. vs. 5. – die Verlierer der Viertelfinals bilden eine Gruppenphase im Modus „Jeder gegen Jeden“, hier wurde dann Platz 5 bis 7 des Renntags-Ergebnisses ausgefahren. Die Sieger der Viertelfinals komplettieren die beiden Halbfinals. Die Sieger der Halbfinals rudern dann gegeneinander um den Renntags-Sieg oder Platz zwei, im kleinen Finale geht es um Platz drei oder die goldene Ananas für den Viertplatzierten des Renntags.

Um auf Rendsburg zurückzukommen: Dort fanden wir in Osnabrück im Halbfinale ein Boot, das wir an diesem Renntag im Duell 1 gegen 1 sehr, sehr knapp nicht schlagen konnten, sodass es nach dem kleinen Finale Platz 3 hieß – wir haben es wieder aufs Treppchen geschafft! Das ist eine Bestätigung der Leistungsfähigkeit aus Minden, würde ich als Trainer sagen, aber fünf schnelle Boote sind je nach Tagesform sehr eng zusammen.

Und sehr eng zusammen ist auch das Stichwort für das Zeitfahren am finalen Renntag in Mülheim. Die Streckenlänge von nur 300 Metern brachte nach zwei Zeitläufen ein knappes Ergebnis – drei Boote innerhalb von 0,17 Sekunden! Mit dem direkten Ticket für uns in das Halbfinale! Damit hatten wir dann doch nicht gerechnet, die Freude war an dieser Stelle bereits groß – für Ortwin und mich hieß es aber auch, dass die vorherige Renntagsplanung, wer möglicherweise in welchem Lauf geschont bzw. eingesetzt wird, nicht mehr von Belang war. Wir durften unsere Köpfe neu zusammenstecken, was man bei so einem positiven Ergebnis natürlich gerne macht. Im Halbfinale hieß es dann erneut ein Duell mit Osnabrück zu bestreiten, da gab es aber in diesem Lauf relativ schnell eine klare Tendenz, zur Streckenhälfte war unser Boot einen Luftkasten voraus und dieser Vorsprung wurde bis ins Ziel verteidigt: Finale! Dieses Finale ging gegen die Havel Queens aus Berlin und hatte dazu den absolut finalen Charakter: Das Sprecherteam wies noch einmal darauf hin, dass aufgrund der Tabellensituation der Sieger dieses Renntags auch der Sieger der Liga in diesem Jahr ist! Zu Beginn noch Kopf an Kopf konnte sich das Berliner Boot auf der zweiten Hälfte leicht absetzen und am Ende einen verdienten Sieg und den Titel einfahren, herzlichen Glückwunsch hierzu! Wir konnten uns mit Platz 2 am Renntag und in der Liga auch ein starkes Ergebnis erkämpfen, das beste Saisonergebnis des Alstersprinters jemals! Vizeliga-Champion!

Fazit

Mit ein paar Tagen Abstand, an denen ich diese Zeilen hier schreibe, bin ich sehr stolz auf das ganze Team und darauf, was zusammen dieses Jahr erreicht werden konnte. Die Damen haben nicht nur das Training durchgezogen, sondern sich nebenbei mit vielen Stunden Aufwand noch um Themen wie Sponsoring, Finanzen, Kleidung, Social Media, Berichte, Unterkünfte und so weiter gekümmert – alle haben an einem Strang gezogen und aus meiner Sicht ein herausragendes Ergebnis errudert!
Nachdem es zwischendurch etwas auf der Kippe stand, ob es die RBL mit der Saison 2024 überhaupt gibt, wurde seitens des DRV eine zwar kurze, aber dennoch sehr gelungene Saison auf die Beine gestellt! Und ich freue mich bereits auf die Saison 2025, die ersten Termine wurden schon mal in den Raum gestellt. Hoffentlich bleiben möglichst viele Boote der Liga erhalten – wir hoffen natürlich auf Zuwachs! So eng und spannend hat es wirklich Spaß gemacht. Drei Renntage, drei verschiedene Zeitfahrsieger, zwei verschiedene Renntags-Sieger, mit dreimal Platz 4 wird man in der Gesamtwertung nur 5. – so spannend war die Ruderbundesliga im Jahr 2024 bei den Frauen!

 

Danke!

Zum Schluss noch ein paar Worte des Dankes:

Danke zuerst an unsere Vereine, die uns zuallererst mit der Lizenz, dazu Boot, Bus, Bootshänger sowie Trainingszeiten in den Krafträumen und mit den Motorbooten unterstützt haben!

Danke an unsere Sponsoren, Allianz Topuzovic und Wayes!

Danke an alle, die sich am Crowdfunding beteiligt haben!

Danke an Christian, der neben der überlassenen Trainingsplanung auch sofort zur Reparatur des Bootes in der Halle stand, als sich nach überfahrenem Baum Reste des völlig demolierten Schwertes im Schwertkasten verkantet haben, und erst nach fast dreistündiger OP restlos entfernt werden konnten!

Danke an alle, die unsere Saison verfolgt haben, sei es auf Social Media, in den Streams oder direkt am Steg mal gratuliert oder nachgefragt haben!

Danke an unsere Ehemaligen, die spontan bereitstanden, wenn es dann und wann mal eine Lücke im Achter gab!

Danke an Ortwin für deine Unterstützung, Expertise und die viele Freizeit, die du investiert hast, um samstags um 7:30 Uhr den Achter im Training zu begleiten und die Regatten sowie Renntage zu besuchen!

Danke an Martin und den Active City Express für das Teilen der Bootstransporte!

Und danke an alle, die ich jetzt nicht persönlich genannt habe, die uns aber trotzdem unterstützt oder begleitet haben. Zu so einem Ergebnis gehören nicht nur die Aktiven im Boot, auf dem Renntag, im Motorboot, sondern auch viele Gesichter im Hintergrund!


Erster Renntag der Ruderbundesliga in Minden: Der Alstersprinter holt Silber (Foto: Christian Schwier/Ruder-Bundesliga)