Wenn es etwas gab, was man in der langen Zeit der Corona-Pandemie als Ruderer unternehmen konnte, dann war das: Kleinboot fahren. Für die Club-Breitensportler, die irgendwann vom Gigboot ins Rennboot umgestiegen waren, erlaubte die Zäsur durch die pandemiebedingten Einschränkungen, dass man sich zeitlich wie sportlich auf das Fahren im Einer und Zweier konzentrieren durfte. Großboote mussten zwischenzeitlich immer wieder wegen der Abstandsregelung eingemottet werden, und auch ansonsten war das gesellschaftliche Leben in Hamburg komplett heruntergefahren. So zogen wir zwei Jahre lang auf der Außenalster in kleinen Booten einsame Bahnen, Ruderer sind ja bereits bedingt durch ihre Sportart Vorbilder in Sachen Social Distancing.

Mit dem Ende der Beschränkungen erschien es nur selbstverständlich, die mit Trainingsfleiss beharrlich erruderte Routine endlich einmal bei einer Regatta auf die Probe zu stellen und den so lange vermissten Vergleich zu anderen Sportlern zu suchen. Torben, unser Trainer, war sofort Feuer und Flamme, und wir waren schneller bei der Regatta in Otterndorf (am 22./23. Mai 2022) angemeldet, als dass wir realisiert hätten, wie speziell es dort zugeht. “Packt Gummistiefel ein, Jungs,” riet uns Torben, “die anderen Schuhe lasst Ihr besser zu Hause.” Weise Worte, aber das sollten wir erst im Laufe der Veranstaltung realisieren.

Club-Kinder

Die Club-Kinder vor dem Bootsanhänger mit Kindertrainern Marieluise Witting und Cesar Neander.

Eine windige Angelegenheit

Auswärts-Regatten sind für weniger routinierte Sportler wahre Logistik-Operationen, und man kann vorher gar nicht genug planen, um dann vor Ort doch festzustellen, dass man irgendein dusseliges aber ungemein wichtiges Teil leider daheim gelassen hat. Glücklicherweise konnten wir hier nicht nur auf Torben mit seiner Erfahrung bauen. Durch die gemeinsame Fahrt mit der Kindergruppe des Clubs konnten wir auch auf Kindertrainer mit Nerven aus Drahtseilen zurückgreifen, die für 13 regatta-affine Club-Kinder alles vom Einer bis zum Vierer samt Zubehör auf dem Bootshänger verstauen mussten und uns bei dem Boots-Tetris ein bisschen Platz für unsere Einer, Doppelzweier und Vierer ließen. Regatta ist halt Materialschlacht. So zusammengerückt, vereinbarten wir, dass wir uns im Gegenzug auch um das leibliche Wohl der Kinder kümmern würden. Für das Verpflegungspersonal wurde die Einkaufsliste also um die Kinder und Kindertrainer ergänzt.

Bereits bei unserer Anfahrt begriffen wir, dass der Regattatag für uns zur Herausforderung werden sollte. Wettermäßig war alles dabei: Über das nach Westen, Richtung Cuxhaven, immer flacher werdende Land zogen schnelle Wolkenverbände, und dazwischen goss es deftig. Der in Hamburg gern bemühte Spruch: “Regen macht das Wasser glatt.” gilt draußen an der Nordseeküste leider nur sehr eingeschränkt, wie wir uns selbst vergewissern durften. “Nichts kommt dem Landleben gleich”, dachte ich, als ich unseren Bootsanhänger in Otterndorf samt Regattazelt mit Kindergruppe auf einer Weide wiederfand. Wir wechselten sogleich in die Gummistiefel, die außer im Boot auch niemand jemals auszog.

Unsere Club-Kinder allerdings schienen sich zwischen Kühen und Deichen und auf dem Hadelner Kanal in Otterndorf erstaunlich gut zurechtzufinden. Die Rudergruppe, die mit Kindern zwischen 11 Jahren bis hin zu den B-Junioren (15 Jahren) einen breiten Bereich zwischen Kindern und pubertierenden Jugendlichen abdeckt, kam mit den oben geschilderten, nicht ganz optimalen Wetterumständen bemerkenswert gut klar. Souverän stapften die Club-Kinder mit ihren Booten über die Wiese zu den Rennen, auch wenn das bedeutete, dass man neben dem Steg im Matsch einsteigen musste oder beim Start von einer Böe komplett aus der Bahn geweht wurde. Inzwischen war die Sonne durchgekommen, was die Angelegenheit aber leider nicht weniger windig machte. Gut gelaunt packten wir den Grill aus, die Versorgung vor Ort fand bei jung und alt reichlich Zuspruch.

 

Langsam wurde es jetzt auch für die Breitensportler Zeit, die Boote zu Wasser zu lassen, denn unsere Rennen standen an. Die allgemeine Aufregung wurde noch dadurch gesteigert, dass der erhebliche Verzug, unter dem der Regattazeitplan dank wetterlichen Unbills litt, dazu führte, dass mit Ausnahme der Trainer niemand mehr so richtig durchblickte. Boote waren auf dem Weg zum Steg oder kamen vom Wasser, die wir keinem Rennen zuordnen konnten, und der überwiegende Teil der Sportler hüpfte irgendwo vom Ufer ins Boot um Richtung Start zu gelangen. Hatten unsere Sportler den Weg entlang des Schilfs zum Startbereich hinter sich gebracht, kam irgendwann der Aufruf zum Rennen, und es hieß, sich trotz der Böen bei der Startanlage in die zugewiesene Bahn einzuschwimmen. Ein Unterfangen, das bereits bei normalen Regatten für weniger erfahrene Breitensportler nicht ganz trivial ist, unter den Windbedingungen von Otterndorf für manches Club-Boot aber zu einer größeren Herausforderung geriet. Einmal in Linie gebracht wurde schnell gestartet, schließlich lag man immer noch zeitlich zurück. Für die Betrachter vor dem Ziel hatte dies den verblüffenden Effekt, dass die mit so kurzem Zeitversatz gestarteten Boote durcheinander ankamen. Noch bevor die letzten Boote eines Rennens im Ziel eingetrudelt waren, kamen häufig bereits die schnelleren Boote des Folgerennens ins Ziel. Das lief leider auch für Lukas im Einer nicht ganz ohne Zusammenstoß.

Otterndorf ist schon eine Herausforderung, bei der man wahrscheinlich mehr über Ruderregatten lernt, als auf den mehr oder weniger perfekt organisierten Großregatten mit Meldebüros, Anzeigetafeln und Albano-Systemen. So gesehen haben wir Breitensportler in Otterndorf eine unglaubliche Lernkurve durchlebt, auch wenn wir diesmal über die bloße Teilnahme noch keine größeren Erfolge vorweisen konnten. Geholfen haben dabei natürlich nicht nur die Trainer Torben sowie Marieluise und Cesar, die mit ihrer Erfahrung die strukturellen Defizite ausglichen, sondern auch die Club-Kinder, die mit ihrer nonchalanten Art die Dinge eben so nahmen wie sie kamen und dabei stets gut gelaunt auch den einen oder anderen Regattasieg erruderten. Hier deutet sich an, dass der Club durchaus über Nachwuchs mit gutem Potential verfügt. Für uns jedenfalls kann man trotz Herausforderung durch Wind und Wetter das Fazit ziehen: Das Regattafieber hat uns definitiv gepackt! Wir werden weiter dran bleiben.

Bericht und Bilder vom Autoren und von den Kindertrainern

 

Ergebnisse Otterndorf

2x 13/14 Jahre, 1.000m: Yara u. Tilda, 1. Platz
1x 13 Jahre, 3.000m: Carl, 1. Platz
2x 13/14 Jahre, 3.000m: Ben und Julius, 1. Platz
1x 14 Jahre Slalom: Louis, 1. Platz
1x 11 Jahre 500m: Antonia, 1. Platz
1x 14 Jahre, Yara, 1. Platz

Die Kindergruppe im Club

Die Kindergruppe im Club bietet Kindern zwischen 10 und 14 Jahren ein sportliches Zuhause. Die Gruppe wird derzeit durch die Kindertrainer Marieluise Witting, Frieda Hämmerling, Cesar Neander und Ruben Rosius betreut (hier der Link auf die Webseite). Neben der allgemeinen sportlichen Betätigung, bei der der gemeinsame Spaß an der Bewegung und auf dem Wasser im Vordergrund steht, gibt es für die wettkampf-affinen Kinder zusätzliche Betreuung mit dem Fokus auf Regatten. Die Kindergruppe hat im Club folgende Trainingszeiten: Mi 16:00 -18:00 Uhr, Fr 16:00 -18:00 Uhr, Sa 11:00-13:00 Uhr.

Breitensportler im Club

Neben den unzähligen selbst organisierten Rudergruppen gibt es im Club auch trainerbetreute Zeiten, zu denen sich interessierte Breitensportler treffen:

Rennboot-Training bei Torben Wiechens am Sonntagnachmittag um 13:15 Uhr. Gefahren werden typischerweise Einer, Zweier und Vierer. Regattateilnahme ist Trainingsziel. Da in den Sommermonaten die Alster aufgrund der vielen Kanus, Tretboote und SUPs kaum mit Booten ohne Steuermann befahrbar ist, findet das Training ab dem Sonntag 26.06.2022 morgens um 9:30 Uhr statt.

Rennboot-Training bei Patrick Wiechens am Donnerstag ab 18:00 Uhr. Auch hier steht das Fahren im Rennboot im Vordergrund.

Technik-Training bei Rami Tafeche am Montag und Donnerstag um 19:00 Uhr. Das Technik Training wendet sich an alle Ruderer, die ihr im Anfängerkurs erworbenes Wissen in der Gruppe verbessern möchten und Anschluss an eine alters- und zahlenmäßig breit aufgestellte Rudergruppe suchen. Gefahren wird hier überwiegend im Gig-Boot. Nach dem Donnerstagstraining gibt es anschließend in der Club-Bar die Gelegenheit, sich mit den anderen Sportlern in lockerer Atmosphäre auszutauschen.  Für Interessierte ist eine vorherige Anmeldung nicht erforderlich. Die Gruppe startet zuverlässig: Jeder, der um 19:00 Uhr auf dem Steg steht, findet auch einen Ruderplatz.