Wenn wir im Oktober ins herbstliche Berlin fahren, dann wissen wir: Diese Wanderfahrt ist immer etwas ganz Besonderes, obwohl sie eigentlich jedes Jahr wieder stattfindet. Der Ruderklub am Wannsee (RaW) hatte eingeladen, gut gepflegte Doppelmitgliedschaften und Kontakte machen dieses kleine Wunder immer wieder möglich.
Und so residierten wir im späten Oktober 2018 wieder unter dem Dach des RaW-Bootshauses, einer Grunewald-Villa aus der Jahrhundertwende am Ufer des Großen Wannsees. Die Besucher aus Hamburg, im CLUB langjährig durch die “Würstchen” geprägt, hatten im Vorjahr bereits probeweise die Mannschaft „verjüngt“, und konnten dies 2018 noch ausbauen. Eine in Hamburg parallel stattfindende Regatta band allerdings viele unserer weiblichen Mitglieder, die kennenzulernen man sich beim seit Jahrzehnten gemischten RaW besonders gewünscht hatte. So gebührte Sabine Haberland die Ehre, die Hamburger Fahne hoch zuhalten. Auf dem Wasser, wo sich RaW- und CLUB-Ruderer gemischte Boote teilten, ging es dann ohnehin ungezwungen zu.
Als einer der größten Ruderklubs der Spree-Metropole verfügt der RaW natürlich über einen äußerst gepflegten und umfangreichen Bootspark, der unserem in nichts nachsteht. Wir 14 Hamburger durften uns daraus ausgiebig bedienen, was wir am Freitagnachmittag zwecks Gewässererkundung auch gleich taten. Von einer ortskundigen Steuerfrau durch die Gewässer und Kanäle über den Kleinen Wannsee nach Potsdam geführt, lief unser Gig-Dreier ganz hervorragend, und wir hatten die alten Herren in ihrem imposanten Gig-Doppelachter bald hinter uns gelassen. Diesen kleinen, außerplanmäßigen Ausbruch aus dem Protokoll nutzten wir ganz ungeniert, um in den Tiefen See nach Potsdam abzubiegen und dort mit Blick auf den Babelsberger Schlosspark in der Nachmittagssonne ein Eis zu genießen. Schöner geht es kaum noch. Auf dem Rückweg, unter der berühmten Glienicker Brücke, auf der früher Ost und West Spione austauschten, dann noch ein großes Hallo, als uns ein Ruderer im CLUB-Dress passierte: Benno Nolkemper befand sich gerade im Trainingslager beim BRC.
Gut beschwingt schmissen wir uns für den Abend in Schale, denn am Freitagabend stand das traditionelle festliche Abendessen im festlichen Saal des RaW an. Jürgen Sommer, Ehrenvorsitzender des RaW und auswärtiges CLUB-Mitglied hatte es sich nicht nehmen lassen, uns alle zu einem Berliner Buffet einzuladen. Die warmherzige Gastfreundschaft der Berliner ist wirklich unübertroffen! Es wurde noch ein wunderbarer, feuchtfröhlicher Abend. In Berlin schwingt wegen seiner historisch besonderen Lage auch immer ein Stück deutscher Geschichte der Nachkriegszeit in die Erinnerungen und macht diese besonders interessant.
Am Samstagmorgen ging es zur Wiking-Sternfahrt nach Neukölln. Das ist ein Ritt quer durch die ganze Stadt, und wir waren deshalb ganz froh, die Fahrt in Gig-Booten statt im Wanderboot zurücklegen zu können. Vom RaW-Bootshaus am Großen Wannsee ging es zunächst hoch Richtung Spandau. Die Sonne meinte es an diesem Herbsttag erneut gut mit uns, und schnell waren Ruderweste und langes Hemd ausgezogen und verstaut. Es wurde eine spätsommerliche Tour durch die Hauptstadt. In Charlottenburg, auf halber Strecke, erwartete uns schon die Familie Bublitz. Ihr Verpflegungsstand mit Suppe, Würstchen, Stullen und Tee bescherte uns eine wunderbare Mittagspause, in einem Park zwischen den modernen Bürobauten entlang der Spree.
Allmählich waren immer mehr Boote entlang unserer Route zu treffen, die es ebenfalls Richtung Wiking zog. In der Schleuse des Landwehrkanals, unserer Route durch die Bezirke Tierpark und Mitte, ging es entsprechend eng aber auch gut gelaunt zu. Weiter Richtung Kreuzberg, wo uns die Nachmittagssonne eine weitere Pause im Urbanpark versüßte. Hier hätte man ganz gut bei Kaffee und Kuchen zwischen den vielen Ausflüglern und Booten verweilen können, aber es war nur noch ein kurzer Streckenabschnitt durch die Neuköllner Schleuse bis zu Wiking, dem Tagesziel. Dort wurde unser Boot erst mal an Land geholt, und wir mischten uns unter das rege Treiben am Bootshaus.
Neben der Sternfahrt fand bei Wiking auch die jährliche Regatta um den Silbernen Riemen statt, und deshalb waren neben den zahlreichen Teilnehmern der Sternfahrt auch Rennruderer aus dem In- und Ausland präsent. Entsprechend groß war die Zahl der Feiernden in dem für die Gäste vollständig ausgeräumten Bootshaus. Wir hatten beschlossen, uns an dem Abend aufzuteilen in diejenigen, die noch bei Wiking im Bootshaus mitfeiern wollten und diejenigen, die es zu den Fleischtöpfen zurück gen Wannsee zog.
Wiking bescherte uns mit der Party im Bootshaus einen wunderbaren, spaßigen Abend in sportlicher Gesellschaft. Neben dem ausgelassenen Beisammensein gab es natürlich viel von der äußerst interessanten und wechselhaften Vereinshistorie zu sehen.
Bevor die Abendparty dann so richtig durchzünden sollte, machten sich die Tageskilometer bei uns doch bemerkbar, und es ging per S-Bahn zurück gen Zehlendorf. Dort sollte sich die Gruppe wieder zusammenfügen, was angesichts der fortgeschrittenen Zeit schwieriger war, als zunächst vermutet. Bei der Suche auf den Anlegern wurde eine hilflose Person im Wasser gefunden, und wir mussten, inzwischen auf drei CLUB-Mitglieder und Nachbarn verstärkt, uns erst mal der Hilfeleistung widmen und die Geretteten in die Obhut der alarmierten Feuerwehr geben, bevor sich unsere Gruppe wieder zusammenfand. Am nächsten Morgen sollte unsere Aktion dann Stadtgespräch entlang des Wannseeufers werden.
Für uns ging es zurück nach Neukölln und nach dem Auslösen unserer Boote bei Wiking dann auf der Südroute um Berlin über den Teltowkanal zurück Richtung Wannsee und RaW. Dort zeigten uns die Altvorderen noch einmal, was den Wanderruderer ausmacht: Getrieben von dem Gedanken an Kaffee und Kuchen auf der sonnigen Terrasse des RaW hatten sie Pausenzeiten und Geschwindigkeit instinktiv so abgestimmt, dass der Doppelachter gerade noch rechtzeitig zur Schleusung in die Schleuse Kleinmachnow einlief und die Alten einen uneinholbaren Vorsprung gegenüber den anderen, etwas trödeligeren Booten herausfuhren.
Nach diesem großartigen, spätsommerlichen Wochenende können wir CLUB-Mitglieder uns nur für die außergewöhnliche Gastfreundschaft des RaW und ganz besonders der von Jürgen Sommer und der für uns als unermüdliche Organisatoren wirkenden Anita Lüder bedanken und uns auf die nächste gemeinsame Sternfahrt freuen. Diese findet vom Freitag, 18.10.2019 bis Sonntag 19.10.2019 statt. Interessenten wenden sich an den Organisator, Peter Lougear, oder an den Autor.
Lars Christiansen, Bilder: Frank Morgenstern.