Der Club zu Gast beim RaW am Wannsee.

Über unsere Fahrt vom 18.10.-20.10.2019 zum Ruderklub am Wannsee (RaW), bei dem wir für ein Wochenende Lager bezogen, berichtete Renate Schatzmann bereits in der Galeere. Wie immer konnten wir im Heft aus Platzgründen nicht alles Material veröffentlichen und bringen deshalb auf der Webseite Renates Bericht mit den Bildern der diesjährigen Wanderfahrt von Tanja Marx und mir.

Tanja, die in Berlin aufwuchs, zeigt in ihren Bildern eine starke Affektion zu architektonischen Perlen wie Kraftwerken und Kühltürmen, die ich bei Charlottenburgerinnen vorher nicht vermutet hätte. Zu unserer Freude hat zudem auch noch Klaus Soltau einige Bilder von deutlich älteren Fahrten beigesteuert, nämlich von 1987 und 1994. Merkwürdigerweise hat sich trotz des dazwischenliegenden Mauerfalls auf den Bildern offenbar nicht viel verändert. Dennoch belegen sie den Traditionscharakter dieses jährlichen Events.

Schließlich ein Hinweis zur kommenden Fahrt, denn im Oktober 2020 wird – wie jedes Jahr – eine Gruppe Club-Ruderer an den Wannsee pilgern, um von dort quer durch Berlin an der Sternfahrt zum Neuköllner Ruderfestival bei der RG Wiking teilzunehmen.

Bequemer geht es kaum: RaW und BSG Bayer stellten uns ihre Gig-Boote zur Verfügung.

Auf zur ersten Ausfahrt.

Erfreulicherweise sind wir mit einer zahlenmäßig großen Gruppe unterwegs, die beim RaW in den Zimmern im Bootshaus unterkommt und die dort für uns bereitgestellten Gig-Boote nutzt. Die Kapazitäten des RaW waren bereits 2019 angesichts der Teilnehmerzahl ausgereizt.

Wer also mit dem Gedanken spielt, im Oktober 2020 mit nach Berlin zu fahren, wende sich bitte möglichst frühzeitig an Peter Lougear, den Koordinator der Fahrt.

 

Rudern zu denen, „die da hinten so alleine sind.“

Pause auf dem Tiefen See vor dem Schlosspark Babelsberg.

Berlin mag sich in den letzten Jahren einen etwas zweifelhaften Ruf erarbeitet haben, was die Effektivität seiner Verwaltung betrifft, der Mythos als szenige Hauptstadt der großartigsten Partys ist unvermindert wirksam. Und sicher ist: die Sternfahrt zur RG Wiking ist eine – für Ruderer zumindest.

Wie lange es die Sternfahrt schon gibt? So lange, dass unsere ‚Veteranen‘ nicht mal mehr sagen können, wie oft sie bereits teilgenommen haben. „20 Mal mindestens, aber vielleicht auch 30?“ Dabei war zu Mauerzeiten die Tour zu der im Süden Berlins gelegenen RG Wiking keineswegs ein gemütlicher Sonntagnachmittagsausflug: man musste viele Kilometer am Rande der Zonengrenze rudern und mindestens 3 Schleusen passieren. Aber vielleicht gerade weil, wie Hans von Lacroix immer sagte, „die da hinten so alleine sind“, fand die Idee, Aktive aus dem Ruderklub am Wannsee und unserem Club zu dieser Sternfahrt zusammenzubringen, so große Resonanz; sie wurde zu einer schönen Geste, fast einem Beweis von Gemeinsinn.

Mittlerweile ist die Sternfahrt ein ‚Event‘, zu dem viele Clubs von weither anreisen. Fast 1000 Teilnehmer und 200 Boote werden erwartet. Wie die RG Wiking das schafft, alle mit Bier und Brötchen zu versorgen, wirklich eine logistische Meisterleistung!

Booteschleppen nach der freitäglichen Potsdam-Fahrt

Der RaW-Doppelachter mit gemischter Besetzung auf der Potsdam-Tour.

Peter Lougear erzählt, dass in der Anfangszeit nur teilnehmen durfte, wer gefragt worden war, und er selbst sich außerordentlich geehrt fühlen durfte, als 1984 zum ersten Mal eine förmliche Einladung an ihn erging. Ein höchst exklusiver Club im Club, die Würstchen damals. Aber da hat sich inzwischen doch viel verändert. Im vergangenen Jahr war bei der Fahrt zum ersten Mal eine Frau dabei, in diesem sind es schon sieben! Und jetzt sind wir gleich drei, die noch gar nicht lange rudern und sich fragen: Mut oder Übermut? Wie wird das wohl werden?

Freitagnachmittag: warming up

Ja, die „Zone“ gibt es nicht mehr, die Sowjetunion dito, die Groko wohl (nur wie lange noch?).

Klaus Soltau und Peter Lougear haben ihren Spaß bei der Bootspflege.

Bootspflege in der Herbstsonne nach der Ausfahrt.

Das Protokoll der Ausfahrt aber bleibt unerschütterlich immer dasselbe: Wir rudern die „Griebnitzsee-Umfahrt“: den Kleinen Wannsee, Pohlesee, Stölpchensee, Griebnitzkanal, über den Griebnitzsee zur Glienicker Brücke, dann an der Pfaueninsel und am legendären Strandbad Wannsee vorbei wieder zurück. Wir Hamburger glauben vielleicht mit der Alster das schönste Stadtruderrevier zu haben, aber wie schön und variantenreich das Revier am Wannsee ist, springt wohl auch verstockten Lokalpatrioten ins Auge.

In unserem Achter sitzt zum Glück Anita Lüder, die verhindert, dass wir stumpf vor uns hinrudern und die in wenigen Worten all die historischen Schauplätze wunderbar lebendig machen kann. Als sie uns zeigt, wo die Wachtürme standen, wo die Berliner Ruderer vor der Wende wenden mussten, weil der kleine Kanal zwischen Griebnitzsee und Glienicker Lake vermint war, da wird die deutsch-deutsche Geschichte, die gerade jetzt zum 30. Jahrestag der Maueröffnung so vielfach nacherzählt wird, sehr konkret.

Gemeinsames Dinner im Saal des RaW.

Freitagabend: das traditionelle Abendessen im Wintergarten des RaW-Klubhauses an festlich gedeckter langer Tafel mit wunderbarem Blick über den See.

Zum ersten Mal seit 30 Jahren ist Hans-Jürgen Sommer, der langjährige Vorsitzende des RaW, nicht dabei. In seiner Rede hebt Peter Lougear hervor, in welchem Umfang das gemeinsame Projekt von der Freundschaft und dem Engagement H.-J. Sommers getragen wurde, und er lässt auch spürbar werden, wie sehr ihn sein Tod betroffen macht. Als Kristian Kijewski, der jetzige Vorsitzende des RaW, dann ganz spontan und unerwartet Trixi Wüstney als Vertreterin des Vorstands auf einem Bierdeckel seinen Aufnahmeantrag in den CLUB überreicht: Überraschung und großer Beifall! Gewiss wird die Fahrt 2019 also nicht die letzte sein! Und die Stimmung steigt noch einmal, als Peter Lougear und Joachim Helm in Erinnerung an H.-J. Sommer eine Runde Mampe Halb und Halb spendieren.

 

Club Dress – Tanja mit extravagantem Jungwürstchen-Binder und Werner im traditionellem Ruderpulli.

Stelldichein beim traditionellen RaW-Abendessen. Renate Schatzmann, Bettina Schaefer, Margit Lill, Felix Schaefer und Tanja Marx.

Peter Lougear und Anita Lüder, die unermüdlichen Organisatoren unserer Wanderfahrt.

 

Samstag, 19. 10.: Sternfahrt nach Neukölln

Abfahrtvorbereitung am RaW-Bootssteg. Klarmachen für 36 km Fahrt quer durch Berlin.

Jetzt gilt’s: Abfahrt am Wannsee, Richtung Neukölln

Pünktlich legen die 4 Boote ab: 1 Achter, 2 Vierer, ein Dreier, 18 Hamburger unterstützt von 4 Berlinern. Gleich zu Beginn steuert Peter unseren Achter lässig durch das „Nadelöhr“, das spart uns einige Kilometer um die Insel Schwanenwerder. Anita wird vielleicht der Atem gestockt haben, das wertvolle Boot, ich bin herzlich froh! Immerhin ist heute die gesamte Stadt zu durchqueren, die Havel hoch, am Grunewaldturm vorbei, durch Spandau, der Spree folgend durch Charlottenburg, dann auf den Landwehrkanal, Tiergarten, Kreuzberg und durch den Neuköllner Kanal nach Neukölln. Allerdings hat die Froschperspektive vom Boot aus auf die Stadt, wie ich später feststellen muss, eine außerordentlich verfremdende Wirkung. Außerdem bleibt mir beim Bemühen, wirklich exakt den Takt zu halten, nicht allzu viel Muße für Studien der urbanen Ästhetik.

Nachdem wir fast eine Stunde für die Schleuse Charlottenburg gebraucht haben, ist die Pause am Spreebogen mit den Würstchen, der Suppe und dem heißen Tee (mit oder ohne Schuss) höchst willkommen. Den Landwehrkanal hinunter darf ich steuern. Aber das ist jetzt absolut kein ruhiger Job: Rushhour in Richtung RG Wiking! In der Tiergarten-Schleuse werden die Boote ‚gepackt‘ wie die Autos auf einer griechischen Fähre. Trotzdem: großer Gaudi und Partystimmung. Dann, nach der Schleuse, packt unseren Schlagmann das Jagdfieber. Am liebsten hätte er alle Boote vor uns überholt, höchstens entgegenkommende Ausflugsdampfer lässt er als Argument gelten, sich in den Konvoi einzuordnen.

Den letzten Streckenabschnitt rudere ich wieder, bin aber dankbar, als endlich das Bootshaus der RG Wiking in Sicht kommt. Einen Willkommensgruß an die Hamburger Teilnehmer höre ich aus dem Lautsprecher und fühle mich wie der Kapitän eines Containerriesen, wenn er Schulau passiert. Schlag auf Schlag legen die Boote an dem abenteuerlich schwankenden Steg an und werden die nicht minder abenteuerliche Böschung hochbugsiert. Das bunte Gewimmel vor dem Bootshaus, wirklich ein schönes Bild! Aber Tanzen möchte ich jetzt auf keinen Fall mehr.

Der Abend im Motor-Yacht-Club am Wannsee – natürlich wie immer – wird sehr gemütlich. Wir sind hochzufrieden: mit uns und auch den exzellenten Wildgerichten, die der Wirt uns anbietet.

 

Sonntag, 20.10.: Rückfahrt zum Wannsee

Noch einmal Päckchenbildung in der Schleuse Kleinmachnow. Danach ging es ohne Pause zurück an den Wannsee.

Pause am Teltowkanal. Die 30 km Rückfahrt können lang werden, unsere Mannschaft ließ sich aber nicht unterkriegen.

Wir sind eine der ersten Mannschaften und brauchen nicht lange, die Boote aufs Wasser zu bekommen. Vor uns nun der ewig lange Teltowkanal, von dem es heißt, er sei so langweilig, dass auch die Berliner ihn nur an einem einzigen Tag im Jahr befahren, nämlich auf der Rückfahrt von der RG Wiking. Aber die Sonne zeigt sich an einem wunderbar blauen Himmel, lässt das Herbstlaub leuchten und selbst die Industrielandschaft fast idyllisch wirken. Nur leider verlassen mich nach einer Weile die Kräfte, großzügig überlässt mir unser Steuermann seinen Platz, obwohl er sicher lieber dort geblieben wäre. Nach dieser Erfahrung habe ich die allergrößte Hochachtung vor allen, die die volle Distanz durchgehalten, und ganz besonders vor denen, die ‚auf Schlag‘ gesessen haben.

Der Große Wannsee spiegelglatt bei mildem Oktoberwetter.

Schön war es, in diesen drei Tagen zu sehen, dass es in der Gruppe keine Kluft zwischen den Stärkeren und Schwächeren, den Älteren und Jüngeren, den Neulingen und Erfahrenen gab, sondern Hilfsbereitschaft, Offenheit und gute Gespräche und – natürlich – Klassenreisen-Stimmung in den ‚Frauenzimmern‘.

Herzlichen Dank an Petrus, der die Hamburger Regenwolken nicht bis Berlin kommen ließ. Und herzlichen Dank an Peter Lougear, der uns wunderbar gesteuert hat zu Wasser und an Land, und Anita Lüder für die gute Organisation und herzliche Gastfreundschaft.

Bericht: Renate Schatzmann
Bilder: Lars Christiansen, Tanja Marx, Klaus Soltau