Nach meiner nationalen Klassifizierung und dem Deutschen Meistertitel im Para-Einer musste ich mich nun international klassifizieren lassen (siehe Ein Weg zurück in den Leistungssport). Dieses war ausschließlich auf dem ersten Welt-Cup in Varese, Italien, (13.-15. Juni 2025) möglich. Voraussetzung war neben einer medizinischen Untersuchung, dass ich auch bei der Regatta an den Start gehe: eine „on Water Observation“. Da mehrere Para-Sportler neu klassifiziert werden sollten und jeweils nur zwei Boote pro Bootsklasse fahren durften, wurde ich mit Jan Rothländer (RC Bergedorf) in den PR3-Männer-Zweier gesetzt − eine große Herausforderung: Beide sind wir links beeinträchtigt, sodass ich, da ich über mehr Riemenerfahrung verfüge, auf Backbord saß; zudem hatten wir wenig gemeinsame Bootskilometer.

Umso erstaunter waren wir, im Finale noch die Japaner hinter uns lassen zu können und auf dem 5. Platz ins Ziel zu trudelten, wobei ich die Zeit von 8:03,46 Minuten schon im Einer unterboten habe. Das Etappenziel war jedoch erreicht, meine nationale Klassifizierung wurde für den internationalen Bereich bestätigt und ich sollte die Saison im PR3 Mix4+ sitzen. Leider gab es für den zweiten Weltcup in Luzern, Schweiz, (27.-29. Juni 2025) keine weiteren Meldungen für diese Bootsklasse, sodass wir abgemeldet haben.

Das nächste Ziel war die WM in Shanghai, China, (21.-28. September 2025) als großer Saisonhöhepunkt und -abschluss, auf die wir uns gemeinsam mit der A-Nationalmannschaft vom 23. August bis zum 11. September 2025 in Ratzeburg vorbereitet haben. Entgegen allen Erwartungen konnten wir uns an den meisten Tagen über glattes Wasser, wenig Wind und angenehme Temperaturen freuen. Dort konnten wir als Mannschaft zusammenwachsen, die notwendigen Bootskilometer sammeln sowie die finalen Anpassungen im Vierer vornehmen. In der frisch umgebauten Ruderakademie haben wir perfekte Bedingungen für unsere UWV vorgefunden, es gab sogar ein Hitzezelt.

Bereits am 21. September 2025 ging es für die gesamte Nationalmannschaft von Frankfurt aus mit dem Flieger nach Shanghai, womit wir mehr als eine Woche Zeit hatten, uns in der 30-Millionen-Metropole zu akklimatisieren. Die meist deutlich über 30 Grad sowie 80 und mehr Prozent Luftfeuchtigkeit waren wirklich ein Brett. Da half nur: Schatten suchen, ganz viel trinken, Kühlwesten tragen und unser aufgestelltes Kältebecken nutzen. Mit Trainingseinheiten auf dem Wasser im riesigen „Water Sports Center“, das am Rande des Dianshan-Sees zwei künstlich angelegte 2.250 Meter-Strecken bietet, Ergo- und Spinning fahren im Schatten sowie Gymnastik haben wir uns auf unseren Vorlauf vorbereitet. Auf leichte Joggingrunden haben wir aufgrund der herausfordernden klimatischen Bedingungen gern verzichtet.

Am Mittwoch, 4:31 Uhr deutscher Zeit, ging es für mich im Vorlauf B gemeinsam mit Marc Lembeck, Hermine Krumbein, Kathrin Marchand und Steuerfrau Inga Thöne (RTHC Bayer Leverkusen, RK Normannia Braunschweig, RTHC Bayer Leverkusen und Ulmer RC Donau) auf die Strecke. Unser PR3 Mix4+ belegte in 7:27,86 Minuten den dritten Platz – knapp hinter Italien und dem sehr dominanten Paralymics-Sieger Großbritannien. Rudertechnisch verlief das Rennen wie eine typische Generalprobe, gar nicht gut! Als Mannschaft fiel es uns schwer, gemeinsam zu rudern, einen Rhythmus zu finden und die Spritzigkeit nicht zu verlieren. Erstmals gab es auf dieser WM keine Hoffnungsläufe zum Erreichen des A-Finals mehr. Dank der neuen Zeitregel, mit der auf den Welt-Cups bereits erste Erfahrungen gesammelt wurden, reichte das Ergebnis, um den Einzug ins Finale am Sonnabend perfekt zu machen. Das vom DRV ausgegebene Minimalziel war schon mal erreicht.

Fotos: DRV / meinruderbild

Am Sonnabend um 8:18 Uhr unserer Zeit begann der Kampf um die Medaillen. Wollten wir tatsächlich eine Chance auf´s Treppchen haben, musste unsere Leistung auf jeden Fall deutlich besser sein als im Vorlauf. Für uns ging es auf einer Außenbahn ins Rennen. Während Großbritannien einmal mehr eine Klasse für sich war (6:52,12 Minuten), lagen wir nach einem soliden Start die ersten 1.250 Meter zusammen mit China, den USA und Italien gleichauf. Anschließend konnte sich China vom Feld ein wenig absetzen und sicherte sich die Silbermedaille. Um den dritten Platz blieb es auf den letzten 500 Metern weiter spannend. Uns gelang es, relativ früh mit einer Frequenzerhöhung um zwei Schläge die Bootsgeschwindigkeit nachhaltig hochzuziehen und mit einem starken Endspurt die aufkommenden USA in Schach zu halten. Somit sicherten wir uns dann doch noch vor den USA die Bronzemedaille (7:04,83 Minuten), Italien fiel auf Rang fünf zurück.

Mit diesem Erfolg geht für mich ein aufregendes erstes Para-Ruderjahr zu Ende. Ich freue mich nach zwei Jahren gezwungener Abstinenz auf einen trainingsreichen Winter und bin gespannt, was die nächste Saison für mich bereithält.