Bei dem Vortragsabend am 29.11.2022 im Club berichteten Ida Kruse, Frieda Hämmerling, Marc Kammann und Stephan Riemekasten vor einem Publikum aus jungen Nachwuchssportlern, Eltern und anderen Interessierten über ihren eigenen sportlichen Werdegang, ihre persönlichen Erfahrungen im deutschen Spitzensport sowie die Fördermöglichkeiten von Universitäten, Vereinen, Bund und Ländern sowie der Deutschen Sporthilfe. Persönliche Erlebnisse der sympathischen Athleten, konkrete Erfahrungen und der direkte Austausch mit den jungen Nachwuchssportlern bescherten einen ebenso informativen wie unterhaltsamen Abend.

Ida Kruse (Jahrgang 1996) stammt aus einer im Rudersport aktiven Familie und begann ihre sportliche Entwicklung 2010 in Münster. Sie nahm 2014 erstmals für Deutschland an einer Junioren-WM teil. Nach dem Abitur erhielt sie ein Stipendium der Ohio State University in den USA und blieb dort sportlich aktiv. Sie erwarb einen Bachelor in Natural Resource Management und kehrte nach Deutschland in den Kader der Nationalmannschaft zurück.

Marc Kammann (Jahrgang 1997) gelangte in Berlin als Kind zum Rudersport und wechselte nach dem Umzug der Familie nach Hamburg bereits so früh in die Trainingsgruppe des Clubs, dass er bei allen Club-Mitgliedern als lupenreines „Eigengewächs“ durchgeht. Im Club sammelte er als B- und A-Junior sportliche Erfahrungen, die ihn in den Junioren-Nationalkader und in die A-Nationalmannschaft führten. Als Riemer und Mitglied des Teams Deutschlandachter gelangen Marc in den Jahren 2020 und 2021 gute Platzierungen mit dem deutschen Vierer ohne, seine sportlichen Ambitionen gehen klar in Richtung Olympia-Teilnahme. Die Bundespolizei bot Marc eine Fördermöglichkeit, im Spitzensport aktiv zu sein und dabei gleichzeitig eine Berufsausbildung zum Bundespolizisten zu durchlaufen. Aufgrund der Beschäftigung mit rechtlichen Fragen in der Berufsausbildung hat sich Marc nach dem Abschluss der Ausbildung als Polizist für das Studium der Rechtswissenschaft eingeschrieben.

Frieda Hämmerling (Jahrgang 1997) erlebte ihren ersten Kontakt zum Rudersport in Kiel und wechselte schon bald aus dem Verein in das Internat beim Olympiastützpunkt in Ratzeburg. Sportlich verlief ihre erfolgreiche internationale Karriere von der Junioren-WM 2014 über zahlreiche Wettbewerbe bis zum Gewinn der Europameisterschaft in 2020. Bei der olympischen Regatta 2021 in Tokio erreichte der Doppelvierer einen 5. Platz im A-Finale. Frieda, deren sportliche Laufbahn von der Deutschen Sporthilfe gefördert wurde, beendete nach der Corona-Pandemie ihre Leistungssport-Karriere und ist neben ihrem Studium derzeit als Kindertrainerin im Club aktiv.

Stephan Riemekasten (Jahrgang 1993) kam zunächst mit neun Jahren in Berlin mit dem Rudersport in Berührung. Erste sportliche Erfolge führten schnell zur Teilnahme an Regatten auf internationalem Niveau. Als frischgebackener Abiturient und U-19 Weltmeister suchte er neben dem Leistungssport den Zugang zum Medizinstudium. Deutlich interessierter als die deutschen Hochschulen zeigten sich die Universitäten in den USA, und so wechselte Stephan an die Yale University, wo er neben dem Medizin-Studium auch sehr erfolgreich im Universitäts-Achter ruderte. Nach der Rückkehr nach Deutschland boten DRV-Kader, Team Hamburg und Bundeswehr die Möglichkeit, weiter als Skuller am Standort Hamburg Leistungssport zu betreiben. Stephan nahm für Deutschland an den Olympischen Spielen 2021 teil. “Nebenbei” ist er Familienvater und Hobby-Musiker.

 

Die sehr unterschiedliche persönliche und sportliche Entwicklung der vier Athleten bot den Anwesenden einen facettenreichen Einblick in den Leistungssport. Viele Spitzensportler haben zwar bereits über die Kindergruppen ihrer Vereine Kontakt zum Rudersport, beginnen ihre sportliche Karriere aber vergleichsweise spät. Gerade Vereine mit ihren Trainingsgruppen schaffen hier für junge Menschen – neben den notwendigen Trainingsmöglichkeiten – durch persönliche Vorbilder Orientierung. Spätestens zum Abitur stellt sich für die Junioren dann die Frage, wie es beruflich und sportlich weitergehen soll und ob eine Leistungssportkarriere überhaupt erstrebenswert und finanzierbar erscheint. Obwohl alle vier Sportler diese Frage für sich klar bejaht haben, zeigt die unterschiedliche Entwicklung, wie individuell die Fördermöglichkeiten auf die Anforderungen der jeweiligen Sportler-Persönlichkeit abgestimmt werden müssen.

Wie unterschiedlich Leistungssport in verschiedenen Ländern beurteilt wird, das zeigt die Herangehensweise der Universitäten. Während in Deutschland der Numerus Clausus weitgehend alleiniges Kriterium für die Studienplatzvergabe bleibt, suchen sich amerikanische Universitäten gezielt Studenten mit Potential heraus und gleichen den Nachteil der hohen Studiengebühren durch großzügige Stipendien wieder aus. Ida und Stephan berichteten beide, dass die US-Unis sich bei den jungen Sportlern sogar von sich aus meldeten, um sie für die jeweilige Universität zu gewinnen. Für die Universitäten zahlen sich diese Stipendien doppelt aus: Zum einen wird das jeweilige Sportteam gestärkt und bringt der Uni in den sportverliebten USA zusätzliche werbewirksame Aufmerksamkeit. Zum anderen bereichern die jungen Sportler das internationale Flair und das Campus-Leben. Deswegen ist es in Deutschland deutlich schwieriger, Studium und Leistungssport unter einen Hut zu bringen. So greifen viele Athleten auf die staatlichen Fördermöglichkeiten einer Beschäftigung als Leistungssportler bei Bundespolizei und Bundeswehr zurück – Marc und Stephan berichteten über ihre eigenen, positiven Erfahrungen im deutschen System.

Mit der Teilnahme an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen wurden für alle vier Athleten Träume war. Man konnte direkt im lebhaften Vortrag der Spitzensportler den Umfang der darüber hinaus gewonnenen persönlichen Erfahrungen spüren, auch die Bedeutung der jenseits des sportlichen Wettbewerbs gepflegten Kontakte und der lebenslangen Freundschaften. Beim Vortragen übertrugen sich die Emotionen, die die Athleten während ihrer aktiven Zeit erlebten, auf das Publikum, was dem Abend eine besondere Atmosphäre verlieh. Alle vier stimmten darin überein, dass die sportliche Karriere ihre Persönlichkeitsbildung enorm gefördert hat und dass der Spitzensport viele Türen öffnet.

Für die Anwesenden ergab sich nach dem Vortrag die Gelegenheit zum direkten, individuellen Gespräch mit den Sportlern, den Trainern und Vorstandsmitgliedern.