Mir als altem Rennruderer, für den die 2.000 Meter-Strecke der Standard ist, erscheinen schon Veranstaltungen wie der Rheinmarathon oder die Tour du Lac Léman als vollkommen bekloppt. Aber 3.000 Seemeilen im Ruderboot über den Atlantik zu rudern, das ist so verrückt, dass ich die Sache sofort sympathisch fand und dachte, man müsse jemandem, der so etwas bereits mitgemacht hat, auf jeden Fall einmal zuhören. Und so saß ich mit ca. 50 weiteren Interessierten am 22. April 2022 im Club, wo Stefanie Kluge launig und unterhaltsam durchs Projekt ihrer Teilnahme an der Talisker Atlantic Challenge führte, dem längsten und vermutlich härtesten Ruderrennen der Welt.

Wie alle Unterfangen dieser Art begann es mit einer verrückten Idee und wurde dann durch einen Zufall, nämlich die Beobachtung des Starts eben dieses Rennens während eines Urlaubs auf La Gomera befeuert. Doch bevor Stefanie mit ihrem Hamburger Damenteam RowHHome tatsächlich am Start lag, sollten noch zwei Jahre intensiver Vorbereitungen vergehen, denn natürlich mussten erst einmal die vier Frauen gefunden werden. Die Auflagen für eine Teilnahme sind streng und umfassen u.a. nachgewiesene Zertifikate in Navigation, Funk, Sea Survial, Erste Hilfe auf See und 120 Stunden Rudererfahrung auf dem Meer sowie natürlich ein umfassendes Ruder- und Fitnesstraining – und all das neben ihrem normalen Leben. Und natürlich musste ein ozeantaugliches Boot beschafft und ausgerüstet sowie Sponsoren hierfür gefunden werden. Getauft wurde es auf den Namen Doris, da der Name leicht zu funken war und außerdem Doris als Okeanide der griechischen Mythologie dem Team göttlichen Beistand angedeihen lassen sollte.

Der Rest, also das eigentliche Rennen, sei hingegen der kleinste Teil gewesen und hätte nur noch runtergerudert werden müssen, so Stefanie Kluge. Ein schöner Euphemismus, wenn man sich ihre Bilder und Erfahrungen von 20 Meter hohen Wellen, Nässe und Kälte, Seekrankheit, Blasen, eitrigen Abszessen und endlosen, durchgeruderten Nächten anhört. Der Lohn für diese 42 Tage währende Schinderei war der Sieg in der Frauenkonkurrenz, drei Tage vor den zweitplatzierten Damen aus der Schweiz. Und natürlich eine nie vergehende Erinnerung und ein Gewinn an Lebens- und Selbsterfahrung: „Jeder Teilnehmer hat ein Thema, das er mit aufs Meer nimmt“, so Stefanie Kluge.

Die vier Frauen sind nicht wieder aufs Meer gegangen, haben danach Ihr Leben deutlich umgekrempelt und neue Prioritäten gesetzt – so geht es offenbar fast allen Teilnehmern an dieser Challenge. Und hier spannt sich wiederum ein Bogen zum ‚normalen‘ Rudersport auf, denn dass dieser unser aller Leben maßgeblich mitgeprägt hat, würden wohl auch die meisten Binnenruderer unterschreiben.

Einen herzlichen Dank an Stefanie Kluge für den famosen und hochinteressanten Vortrag sowie die ausgiebige Fragerunde im Anschluss. Interessierte können den Film Wellenbrecherinnen über das Lebensabenteuer des Quartetts im Internet streamen (z.B. auf ZDF.de).

Bericht: Stephan Ploke, Fotos: Tanja Marx

Steffi Kluge ist als Mentoring-Wegbegleiterin unter dem Motto: Schritt für Schritt auf den Weg zur inneren Balance und als Rudertrainerin aktiv. Ihr erreicht sie über ihre Internet-Seite www.kluge-werte.de.

 

Wellenbrecherinnen-Vortrag

Abendvortrag “Wellenbrecherinnen” mit Steffi Kluge