Morgens, noch vor Sonnenaufgang, ist die Alster ein Pol der Ruhe. Erste Berufspendler kommen noch zügig über die Einfallstraßen in die erwachende Stadt. Von der Kennedybrücke erkennt man schon Aktivitäten auf dem Bootssteg der Ruderclubs: Die Morgenruderer bereiten sich auf das Ablegen vor.
Jeden Dienstag gehen morgens ab 6:00 Uhr im CLUB die Gig-Boote auf die Alster. Jeder, der bis 6:30 Uhr auf dem Steg erscheint, wird mitgenommen. Das Ablegen klappt ohne viele Worte. Wenige Augenblicke später ziehen die Boote durch die Dämmerung alsteraufwärts in Richtung Kiautschou.
Warum früh aufstehen und zu den Morgenruderern? Neben dem praktischen Aspekt, den Tag mit Bewegung zu beginnen, gibt es vielfältige Gründe, die sicherlich dazu beigetragen haben, dass die Rudergruppe eine der zahlenstärksten im CLUB ist. Auf der Fahrt erwacht um die Morgenruderer herum die Natur, während der Sonnenaufgang die Alster in ein faszinierendes Licht taucht. Der Wechsel von Helligkeit und Temperatur machen die Jahreszeiten erlebbar, der allmählich steigende Geräuschpegel im Verlauf der Fahrt weist auf die einsetzende Aktivität der Großstadt hin. So steht beim Morgenrudern nicht nur die sportliche Fortbewegung im Vordergrund, sondern ebenso die harmonische Bewegung und die innere Ausgeglichenheit.
Das Morgenrudern hat im CLUB eine Tradition, die bis in das vorvergangenen Jahrhundert zurückgeht. 1872 berichten die Annalen des Germania Ruder Clubs über das Morgenrudern, den Aspekt des „Kulturruderns“ beleuchtet die CLUB-Chronik bereits im Jahre 1938.
Dennoch sind die Morgenruderer eine sehr offene Gruppe. Peter Schmidt sieht sich eigentlich nicht als Gruppenhäuptling, sondern vielmehr als primus inter pares. Das Credo „Jeder kommt mit.“ gebietet ihm, auch wirklich alle Ankömmlinge am Morgenrudern teilhaben zu lassen, so dass er selbst häufig erst mit dem letzten Boot aufs Wasser kommt. Auch die Öffnung des Clubs für Frauen verbinden die Morgenruderer bereits mit positiven Erfahrungen. Die weiblichen Mitglieder werden ebenso gern mitgenommen wie die Neumitglieder, die erst jetzt den CLUB richtig kennenleren.
Jedes CLUB-Mitglied kann ohne Anmeldung dazu stoßen und mitkommen. Da das harmonische Rudern im Vordergrund steht und die Gruppe altersmäßig von Berufstätigen bis zu rüstigen Pensionären reicht, werden Grundkenntnisse der Rudertechnik wertgeschätzt.
Inzwischen, 8:00 Uhr, sind die Boote bereits auf dem Rückweg, und auch in das Bootshaus ist Leben eingekehrt.
Denn zum Morgenrudern gehört für diejenigen, die noch Zeit haben, auch der gemeinsame, ausgiebige Frühstücksbrunch im Barbereich. Die spätsommerlichen Temperaturen erlauben sogar ein Frühstück auf der Terrasse. Der CLUB wird in diesen Augenblicken zu einem der schönsten Orte der Stadt. Normalerweise ist bei den Morgenruderern beim gemeinsamen Frühstück auch stets ein literarischer Teil Pflicht: Einer der Teilnehmer trägt ein Gedicht oder einen kurzen Text vor. Heute, an diesem schönen Septembertag, schwelgen wir einfach zusammen in den Geschichten einer einmaligen Rudergruppe
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Bericht und Fotos: Lars Christiansen (Historische Daten von Erik Diemke)
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