Rudern bei Kaiserwetter entlang der Ostsee

Vier Kameraden auf Wanderfahrt: Dirk Wengler, Kai Daniels, Timo Dettmann und Dirk Behrends

Bericht von Dirk Behrends

Von den Stralsunder Ruderkameraden inspiriert, fuhren wir in diesem Jahr einen Rundkurs, der uns von Bad Sülze über Ribnitz, Zingst, Stralsund, Lubmin, Wolgast, Anklam und Loitz zurück zum Start nahe Tribsees führte.
Die letztjährige Wanderfahrt von Schwedt an der Oder über das Stettiner Haff, Peenestrom bis nach Stralsund weckte in uns den Hunger auf eine weitere Tour auf der Ostsee. Dazu bot sich die Norddeutsche Runde an, die zudem den logistischen Aufwand verringert, da Start und Ziel der Tour nahe beieinander liegen.
Erwartungsvoll machten wir uns zu viert am Sonnabend, d. 27.06.2015 auf die Fahrt nach Bad Sülze. Am Ziel entluden wir die Nausikaa. Timo und Kai riggerten das Boot auf, während die beiden Dirks Hänger und Zugmaschine zum Ziel verbrachten. Die erste Etappe führte auf der sehr kurvenreichen Recknitz nach Ribnitz. Dieses kleine Flüsschen ist im Bereich nahe Bad Sülze kaum befahrbar, häufig konnten wir aufgrund des Schilfs nicht in voller Auslage fahren, eine Herausforderung für den Steuermann. Ein weiteres Problem stellten die zahllosen Bremsen dar. Unabhängig davon wurde die Recknitz im weiteren Verlauf breiter und streckenweise spektakulär schön. In Ribnitz stellte sich heraus, dass jede mögliche Anlagestelle eifersüchtig von Motorbootfahrern und Seglern mittels Abzäunung in Beschlag genommen wurde.
Am Sonntag ging es nach Zingst. Vom Rückenwind unterstützt, erreichten wir zur Mittagszeit den Ort Born. Kurz vor Born befinden sich großflächige Flachwasserbereiche. Etwas irritiert fuhren wir an einer Gruppe Surfer vorbei, die neben uns im Wasser standen und von ihrem Surflehrer eingewiesen wurden. Am frühen Nachmittag liefen wir in Zingst ein. Beim Anlegen trafen wir einen einsamen Paddler, der sich auf einer 8 wöchigen Rundreise auf norddeutschen Gewässern befand. Kai, für unsere Unterkünfte verantwortlich, hatte in diesem beliebten Ferienort eine sehr günstige Unterbringung in guter Lage organisiert. Abends genossen wir das Ostseestrandflair.
Der Montag führte uns nach Stralsund. Wir wurden sowohl von der Strömung als auch vom Wind unterstützt. Da wir wieder sehr schnell unterwegs waren, legten wir eine Mittagsrast in Barhöft ein, einem kleinen Hafen direkt am Schaproder Bodden. Als wir kurze Zeit später in Stralsund anlegten, wurden wir von den Stralsunder Ruderkameraden als gute Bekannte mit Kaffee und Kuchen begrüßt.
Am Dienstag ging es zum Seebad Lubmin, unsere kritischste und gleichzeitig längste Etappe. Im Falle widriger Wetterverhältnisse hätten wir hier abbrechen müssen. Soweit kam es jedoch nicht. Bei perfektem Ruderwetter (stahlblauer Himmel, leichter Schiebewind) fuhren wir den Strelasund entlang. Unser GPS-Tracker meldete zwischen 10 und 11 Stundenkilometer Geschwindigkeit. Nach der Fähre in Stahlbrode öffnet sich die See. Aus Sicherheitsgründen sollte man sich nicht zu weit vom Land entfernen, jedoch war die Wetterlage stabil und für das Vorankommen optimal, so dass wir beschlossen, Lubmin in direkter Linie anzusteuern. Am frühen Nachmittag liefen wir neben der Seebrücke in Lubmin auf den Strand auf. Schnell noch das Boot klar gemacht und dann erst mal Strandurlaub! Einige Stunden verbrachten wir bei kühlen Getränken neben unserem Boot. Die Unterkünfte befanden sich nur 200 m von der Anlegestelle entfernt. Lubmin ist ein echter Geheimtipp, toller Strand, nicht überlaufen, günstige Preise. Das außer Betrieb genommene AKW, für das Lubmin bekannt ist, liegt nicht sichtbar in einiger Entfernung hinter Wäldchen. Abends genossen wir mit einigen Cocktails an der Strandbar den Sonnenuntergang.
Der Mittwoch führte uns nach Wolgast. Dazu mussten wir zunächst um die „Dicke Berta“ (heute ein Seezeichen und evtl. früher einmal ein Flugfeuer oder Flakturm) herum in den Peenestrom hineinfahren. Mittlerweile wurde es bereits sehr warm, und wir legten eine Rast im Hafen von Freest ein. Direkt am Hafen gab es einen kleinen Imbiss mit vorzüglichen Fischbrötchen. Am frühen Nachmittag liefen wir dann in Wolgast ein. Dort übernachteten wir im sehr empfehlenswerten Hotel „Der Speicher“. Das Boot konnte direkt auf dem Steg vor dem Hotel deponiert werden. Vom Wirt wurden wir als Stammgäste mit einer Runde Bier aufs Haus begrüßt.
Am nächsten Tag erwartete uns eine anstrengende Etappe. Auf dem Peenestrom mussten wir gegen hohe Wellen und Gegenwind ankämpfen. Mühselig zogen wir am Achterwasser und Lassan vorbei und schwenkten wieder in Richtung Westen. Wir passierten den Kirchturm von Usedom, den wir kurzzeitig mit Anklam verwechselten, und legten dann eine Mittagspause an der Straßenbrücke zwischen Usedom und Festland ein. Gestärkt machten wir uns an die verbliebenen 7 Tageskilometer nach Anklam.
Die Freitagsetappe führte nach Loitz. Es war bereits mit Temperaturen um die 30 °C sehr heiß geworden. Auf der Peene regte sich kaum ein Luftzug. Die Steuermannswechsel waren hoch willkommene Pausen. Die Mittagspause erfolgte in Jarmen, einem wenig bemerkenswerten Ort. Weiter ging‘s in Richtung Loitz. Häufig mussten Trinkpausen eingelegt werden. Endlich erreichten wir Loitz. Wir waren im Ballsaal Tucholski untergebracht, ein teilrenoviertes Gutshaus. Bei der Einrichtung der Zimmer scheint das Geld ausgegangen zu sein. Wir kauften uns den lokalen Torfwhisky und genossen einen urigen Abend auf der Terrasse.
Am letzten Tag mussten noch einmal knapp 50 Kilometer abgespult werden. Dazu noch abends die Rückreise nach Hamburg. Es wurde der insgesamt heißeste Tag (abends um 19:00 Uhr in Hamburg zeigte das Thermometer übrigens 35 °C an!). Kurz nach 8:00 Uhr legten wir ab und schwitzten bereits. Nach 12 Kilometern bogen wir von der Peene hinein in die Trebel. Zum Mittag legten wir an und kühlten uns im Schatten und im Wasser ab. Weiter ging es. Nach jeweils 3-4 Kilometern musste pausiert werden. Total erschöpft erreichten wir das Ziel.
Resümee: Mal wieder war uns der Wettergott wohl gesonnen und bescherte uns ein tolles Rudererlebnis. Die Strategie, mit Lücke zu fahren, ging auch dieses Mal auf. Die Nausikaa kann gut mit Lücke gefahren werden, und man hat Reserven bei höheren Wellen. Weiterhin profitiert man von den logistischen Vorteilen, z.B. im Hotel mit 2 Doppelzimmern auszukommen oder komfortabel mit dem PKW anreisen zu können.